Haushaltsrede Gemeinderatssitzung 01.12.2015
Rede zur Haushaltssitzung des Gemeinderats am 01.12.2015
zum Doppelhaushalt 2016 / 2017
(Es gilt das gesprochene Wort.)
Aufnahme der Haushaltsrede als Video (auf Website der Stadt Fellbach)
Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Palm,
Herr Erster Bürgermeister Geyer und Frau Bürgermeisterin Soltys,
sehr geehrte Stadträtinnen und Stadträte,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
wie im letzten Jahr, darf ich auch heute mit einem Zitat von Herrn Erster Bürgermeister Geyer bei der Einbringung des Haushaltsplan-Entwurfs am 10. November hier im Gemeinderat beginnen. Herr Geyer eröffnete seine Rede mit dem Satz: „Außergewöhnliche Zeiten erfordern außergewöhnliche Maßnahmen“ und beendete sie mit der Frage: „Ist die sich abzeichnende Finanzentwicklung in Fellbach nun außergewöhnlich schlecht oder nicht, und sind außergewöhnliche Maßnahmen notwendig?“. Er beantwortete diese Frage nach Abwägung vieler Einzelpunkte seiner Rede zum Schluss mit seiner Einschätzung, wortwörtlich: „Außergewöhnlich schlecht ist die Finanzlage noch nicht. Aber sollte sich der Trend, wie er sich in der Finanzplanung darstellt, bewahrheiten oder möglicherweise sogar ver-stärken, wird sie es über kurz oder lang sein …“.
Diese Einschätzung unseres Finanzbürgermeisters sagt eigentlich schon alles, wenn man einmal die Füllwörter und die diplomatische Formulierungskunst beiseite lässt: Die Finanzlage wird außergewöhnlich schlecht sein, wenn sich die Zahlen der uns zum Beschluss vorgelegten Finanzplanung bewahrheiten. Von einer anderen als der geplanten Entwicklung aber können und dürfen wir bei den Haushaltsberatungen nicht ausgehen. Herr Ober-bürgermeister Palm, Herr Erster Bürgermeister Geyer, Frau Bürgermeisterin Soltys, Sie legen uns mit dem Doppelhaushalt 2016/2017 und der Finanzplanung bis 2019 also ein Zahlenwerk zum Beschluss vor, das – die geplante Entwicklung unterstellt – nach eindeutiger Aussage von Herrn EBM Geyer zu einer außergewöhnlich schlechten Finanzlage der Stadt Fellbach führen wird!
Wir haben uns eingehend mit diesem Zahlenwerk befasst und müssen leider feststellen, dass diese Einschätzung von Herrn EBM Geyer absolut richtig ist. Ich möchte dies anhand weniger Zahlen verdeutlichen, die sich aus der Finanzierungsstruktur des Doppelhaushalts und der Finanzplanung ergeben, also einmal beleuchten, woher die Finanzmittel zur Finanzierung überhaupt kommen:
- An erster Stelle stehen die Einnahmen aus Steuern, Gebühren und die Zuweisungen der übergeordneten Verwaltungsebenen, aus denen bei angemessener Haushaltssituation alle Ausgaben zu finanzieren sind. Natürlich können große Investitionsprojekte, wie das Kombibad F3 oder das in kommenden Jahren anstehende – von Herrn EBM Geyer so bezeichnete „Mega-Bildungsprojekt“ der Schulsanierung bzw. Schulneubauten nicht aus den laufenden Einnahmen finanziert werden. Alle übrigen Ausgaben allerdings, insbesondere auch die des Unterhalts und der normalen Entwicklung der städtischen Infrastruktur, sollten aus den laufenden Einnahmen finanzierbar sein.
- In Fellbach ist dies schon in den zurückliegenden und im aktuellen Haushaltsjahr nicht mehr der Fall, wie man am besten anhand der seit Ende 2012 von 30 Mio. € bis jetzt Ende 2016 auf die gesetzlich vorgeschriebene Mindestreserve von knapp 2,5 Mio. € vollständig aufgebrauchten Rücklage erkennen kann.
- Das hieran erkennbare strukturelle Defizit der Fellbacher Haushaltssituation verschärft sich mit dem vorgelegten Doppelhaushalt und der Finanzplanung jetzt aber noch einmal ganz erheblich.
- Nach Verwendung aller Einnahmen aus Steuern, Gebühren und Zuweisungen verbleibt im Zeitraum 2016-2019 ein ungedeckter Finanzierungsbedarf von ca. 42,3 Mio. €.
- Hiervon werden 4,1 Mio. € in 2016 aus dem Verbrauch der restlichen Rücklagen gedeckt – diese Finanzierungsquelle ist damit bereits per Ende 2016 endgültig erschöpft.
- Mit der Aufnahme neuer Schulden in der Größenordnung von 11,3 Mio. € gibt die Stadt der zusätzlich zum Aufbrauch der Rücklagen angestoßenen Schuldenspirale kräftig Schwung, was aber zur Defizitdeckung immer noch lange nicht ausreicht.
- Dann nämlich geht es an die Substanz, im wahrsten Sinne des Wortes: Sage und schreibe 27 Mio. € und damit 64% des gesamten Defizits werden durch den Verkauf von städtischen Grundstücken finanziert. Wir verkaufen unser Tafelsilber – das lässt sich aber bekanntlich nur einmal verkaufen.
So weit so schlimm. Der Doppelhaushalt 2016/2017 und die Finanzplanung bis 2019 führen zu einer außergewöhnlich schlechten Finanzlage der Stadt Fellbach, und dies, obwohl auf der Einnahmenseite bereits erhebliche Steuererhöhungen eingeplant sind und die Finanzierung des Mega-Bildungsprojektes Maicklerschulzentrum mit derzeit veranschlagten ca. 80 Mio. € mit gerade einmal 4,2 Mio. € oder 5% des Finanzierungsbedarfs überhaupt berücksichtigt ist. Herr EBM Geyer hat auf meine Rückfrage in den Vorberatungen zum Haushalt ausdrücklich bestätigt, dass die von ihm für dieses Projekt kalkulierte Steuererhöhung von ca. 30-40 Punkten der Grundsteuer- und Gewerbesteuer-Hebesätze zusätzlich zu den bereits im laufenden Haushaltsjahr 2015 erfolgten und für den Doppelhaushalt 2016/2017 fest geplanten Erhöhungen dieser Steuersätze um 30 Punkte zu veranschlagen sei. Wir reden zusammen also von 60-70 Punkten Erhöhung der Hebesätze, die bereits mehr oder weniger feststehen. Dies entspricht einer Steuererhöhung von knapp 20%.
Damit aber nicht genug: Aufgrund des strukturell nachhaltigen Defizits und weil sowohl die Möglichkeit der Schuldenaufnahme als auch die des Verkaufs von Tafelsilber endlich sind, ist bei Fortsetzung der bisherigen Haushaltspolitik in den kommenden Jahren mit noch erheblich hierüber hinausgehenden Steuererhöhungen fest zu rechnen.
Für die einkommenssteuerpflichtigen Gewerbetreibenden unserer Stadt darf ich noch anmerken, dass die Erstattung der Gewerbesteuer über die Einkommenssteuer bei einem Hebesatz von 380 Punkten endet. Nach dem vorgelegten Doppelhaushalt erreicht Fellbach im Jahr 2017 den Hebesatz von 385 Punkten. Damit schlägt jede Gewerbesteuererhöhung ab 2017 voll als zusätzlicher Nettosteueraufwand auf die Gewerbetreibenden durch und belastet damit gerade die gewerblichen Kleinbetriebe in besonderem Maße. Das ist dann wohl das Gegenteil der Wirtschaftsförderung kleiner und mittelständisch geprägter Betriebe, wie wir sie uns als Stadt doch immer so groß auf die Fahnen schreiben.
Auch über die Risiken des vorgelegten Haushalts haben wir damit noch gar nicht nicht gesprochen. Auch hier könnte ich in die Zahlen abtauchen, verschone Sie aber und beziehe mich lieber erneut auf die Feststellungen aus berufenem Munde:
- Aufgrund der Flüchtlingssituation erwartet Herr EBM Geyer, dass „das Thema Wohnbau in den nächsten Jahren vermutlich größeren Raum einnehmen wird und möglicherweise einen erhöhten Finanzierungsbedarf auslöst“. Unverständlich bleibt, dass hierfür nicht zumindest Vorsichtsansätze in den Haushalt und die Finanzplanung aufgenommen wurden. Auch im Wirtschaftsplan des Eigenbetriebs Wohnungswirtschaft spiegelt der geplante Aufwand für die Obdachlosen- und Flüchtlingsunterkünfte die im Gemeinderat und seinen Ausschüssen vielfach diskutierten erwarteten Aufwände der Anschlussunterbringung in keiner Weise wider! Der von Herrn EBM Geyer in seiner Rede in Anspruch genommenen „Planung mit kaufmännischer Vorsicht“ entspricht das in keiner Weise.
- Die Konjunktur läuft aktuell und auch hinsichtlich der Planannahmen bis 2019 außergewöhnlich gut, was zu den entsprechend hohen Planeinnahmen auf der Steuerseite wesentlich beiträgt. Hierzu stellt Herr EBM Geyer fest: „Sollte uns in absehbarer Zeit eine konjunkturelle Delle erreichen, sind wir mit unserem Haushalt schnell an der Grenze zur Genehmigungsfähigkeit.“ Einen Haushalt aufzustellen oder durch diesen Gemeinderat zu beschließen, der bei einer konjunkturellen Delle im Mehrjahreszeitraum 2016-2019 an die Grenze zur Genehmigungsfähigkeit kommt, ist unseres Erachten nicht zu verantworten!
- Die Defizitsituation unseres Landkreises weitet sich aufgrund der kontinuierlich wachsenden Ausgaben im Bereich Soziales, jetzt natürlich auch maßgeblich durch die Flüchtlingskrise verstärkt, sowie durch das finanzielle Debakel des neuen Kreiskranken-hauses ebenfalls laufend aus. Unter kaufmännisch gebotenen Vorsichtsgesichts-punkten, muss auch die Planannahme zur Kreisumlage als risikobehaftet angesehen werden, wenn man die Gesamtentwicklung des Kreishaushaltes einmal näher betrachtet, worauf ich an dieser Stelle allerdings nicht auch noch eingehen möchte.
- Das letzte Wort zu den Herausforderungen unserer Finanzlage gebührt Herrn Wengert, der sich als Leiter unseres Rechnungsprüfungsamtes hauptamtlich und nach unserer Einschätzung auch ausgesprochen kompetent mit diesem Thema befasst. In seinem Schlussbericht 2014 nimmt er hierzu Stellung und wirft dabei einen Blick in die Zukunft. Der Bericht liegt uns vor und steht ja heute auch noch unmittelbar im Anschluss an die Haushaltsreden auf der Tagesordnung. Auf eine wesentliche Schlussfolgerung möchte ich ausdrücklich eingehen. Herr Wengert kommt zum Schluss, dass die kommenden Jahre in erster Linie zur Schaffung von Finanzierungsspielräumen und diese soweit noch möglich zum Schuldenabbau verwendet werden sollten.
Herr OB, Palm, Herr EBM Geyer, Frau BM Soltys – der uns zum Beschluss vorgelegte Doppelhaushalt 2016/2017 mit der Finanzplanung bis 2019 ist das glatte Gegenteil von dem, was uns Herrn Wengert ausführlich begründet ins Pflichtenheft seines Abschlussberichts geschrieben hat: Wir schaffen keine Finanzierungsspielräume und bauen auch keine Schulden ab. Stattdessen verbrauchen wir die letzten Rücklagen in Höhe von 4,1 Mio. €, nehmen neue Schulden in Höhe von 11,3 Mio. € auf und verkaufen darüber hinaus Tafelsilber für 27 Mio €! Um auch nur in eine wenigstens neutrale Position zu kommen – damit wäre noch keinerlei Finanzierungsspielraum geschaffen – müssten wir also gegenüber der Vorlage im Zeitraum 2016-2019 besagte 42,3 Mio. € einsparen, die der Doppelhaushalt bzw. der Finanzplan unterdeckt ist – oder die Steuern in einem sowieso nicht mehr vorstellbaren Ausmaß erhöhen.
Selbst, wenn wir den Verkauf unseres Tafelsilbers einmal in Anbetracht der Herausforderungen als unumgänglich akzeptieren würden, bliebe ein Einspar- oder Steuererhöhungsvolumen von mindestens 15-20 Mio. €, das es im vorgelegten Doppelhaushalt und Finanzplan bis 2019 zu identifizieren und zu beschließen gilt.
Meine Damen und Herren, in jedem ordentlich geführten Unternehmen würde die beschriebene Finanzlage die „Alarmstufe Rot“ auslösen, da auf Basis einer solchen Planung die Insolvenz des Unternehmens droht. Wie wir alle wissen, können Kommunen nicht so ohne Weiteres insolvent gehen. Sie bauen stattdessen, wie wir das auf allen Ebenen der Politik kennen, die Verschuldung aus und verzehren – solange das noch geht – die Substanz. Kurz: Sie leben auf Kosten der nachfolgenden Generationen, denn irgendwann muss irgendwer die Rechnung bezahlen. Die einzige Alternative hierzu liegt im Verzicht, auch wenn es schmerzt – und in Anbetracht der Zahlen kann der Schmerz wohl nicht mehr klein sein.
Ich fürchte allerdings, dass der hierfür erforderliche Mentalitätswechsel im Umgang mit öffentlichen Finanzen nur außerordentlich schwer und letztlich zu spät erfolgen wird – auch das kennen wir aus der großen Politik: Das Kind muss erst in den Brunnen gefallen sein, bevor der Ernst der Lage anerkannt wird. Soweit dürfen wir es in Fellbach nicht kommen lassen – mit dem vorgelegten Doppelhaushalt und der Finanzplanung bis 2019 sind wir aber bereits dabei, die Balance am Brunnenrand zu verlieren. Ich möchte die von mir bemängelte Mentalität im Umgang mit öffentlichen Finanzen anhand eines Anschauungsbeispiels aus noch nicht lange zurückliegendem Fellbacher Verwaltungs- und Gemeinderatshandeln verdeutlichen:
- Am 15.09.2015 hat der für die Finanzen zuständige Verwaltungsausschuss mit knapper (aber immerhin) Mehrheit eine ablehnende Beschlussempfehlung für den Gemeinderat zur baulichen Erweiterung des Bundesstützpunktes der Rhythmischen Sportgymnastik beschlossen. Hierbei geht es letztlich um einen städtischen Zuschuss von 1 Mio. € zu den Baukosten sowie implizit um langfristige jährliche Folgekosten aus Zuschüssen der Stadt für den Betrieb des Bundesstützpunktes.
- Für die Gemeinderatssitzung am 29.09.2015 hat die Verwaltung, allen voran Herr Oberbürgermeister Palm, prominente Vertreter des Sports eingeladen und Rederecht eingeräumt und trotz gegenteiligem Beschluss des Verwaltungsausschusses überaus engagiert für dieses Projekt geworben. Das ablehnende Votum des Verwaltungs-ausschusses wurde unmittelbar bei der Beschlussfassung gerade noch mit einem Nebensatz kurz erwähnt, nachdem die Diskussion bereits geschlossen war und zur Abstimmung aufgerufen wurde.
Das Ergebnis fiel dann auch wunschgemäß aus und so werden wir also den Bundesstützpunkt der Rhythmischen Sportgymnastik weiterhin und langfristig mit hohem finanziellem Aufwand subventionieren, wenn – ja wenn – wir dem nicht im Rahmen der jetzigen Haushaltsbeschlüsse doch noch Einhalt gebieten.
Womit ich zu unseren Einsparanträgen komme, unter denen sich natürlich auch weiterhin der Millionenzuschuss für den RSG-Hallenneubau befindet. Ich gehe nur auf die großen Positionen im Einzelnen ein und fasse Positionen unter einer Million € in Gruppen zusammen. Die Einzelliste unserer Anträge, die in der Summe Einsparungen von 17,25 Mio € für den Doppelhaushalt 2016/2017 und die Finanzplanung bis 2019 umfasst, ist der Verwaltung zugegangen und wird als Anlage zu dieser Haushaltsrede auch allgemein veröffentlicht.
- Beim Neubau des Paulus-Gemeindezentrums sind die Kosten bereits in der Planungsphase völlig aus dem Ruder gelaufen und liegen auch nach bereits intensiven „Sparrunden“ in der Planung immer noch ganz erheblich oberhalb des vom Gemeinderat genehmigten Rahmens. Das Projekt ist auch nach dieser Erfahrung und in Abwägung mit dem übrigen Investitionsbedarf der Stadt in der jetzt vorliegenden Höhe nicht mehr zu rechtfertigen und sollte daher nicht weiter verfolgt werden. Unter Berücksichtigung der abzuschreibenden Vorlaufkosten sowie ggf. weiterer Folgekosten des Projekt-abbruchs, gehen wir von einem Einsparvolumen von 5,75 Mio. € aus.
- Die bereits erwähnte RSG-Halle für den Bundesstützpunkt wie auch die Erneuerung des Kunstrasenplatzes im Stadion Schmiden stehen mit jeweils einer Million € im Haushaltsplan. Wir beantragen von der weiteren Subventionierung der RSG vollständig Abstand zu nehmen und die Erneuerung des Kunstrasenplatzes frühestens ab 2020 entsprechend der dann aktuellen Finanzlage ggf. wieder ins Auge zu fassen. Hieraus ergeben sich in Summe demnach 2,0 Mio € Einsparvolumen.
- Bei den Tiefbaumaßnahmen (Einzelplan 6) haben wir zu den Positionen der Sanierungsgebiete und den Straßen, Wegen, Brücken und Plätzen insgesamt ein Einsparvolumen von 2,6 Mio. € beantragt. Hierzu gehören schwerpunktmäßig Straßenumgestaltungen, so z.B. in der Bahnhofstraße mit 0,82 Mio. € und der neu geplante Kreisverkehr an der Kreuzung Remstal-/Hofäckerstraße mit 0,51 Mio. €, um nur die zwei größten Positionen zu nennen.
- Beim „Bahnhof der Zukunft“ beantragen wir die Einsparung von 0,3 Mio. €, entsprechend ¼ der insgesamt hierfür noch im Doppelhaushalt und der Finanzplanung angesetzten Summe. Auch zur damit eng verbundenen sogenannten „Mobilitätszentrale“ gibt es gegenüber der Beschlusslage des Gemeinderats erhebliche Änderungen der Geschäftsgrundlage mit der Deutschen Bahn, was unseres Erachtens eine neue Beschlussfassung des Gemeinderats zwingend erforderlich macht. Es wird Sie nicht überraschen, dass wir diese unsinnige Investition in einen zweiten i-Punkt mit seinem Gesamtvolumen von 0,21 Mio. € – und erheblichen weiteren Einsparungen beim zukünftigen Betrieb – erneut auf die Einsparliste gesetzt haben. Per Saldo ergibt sich aus diesen beiden Punkten also ein Einsparvolumen von stark 0,5 Mio. €.
- Neben der RSG-Halle und dem Kunstrasenplatz Schmiden haben wir im Einzelplan 5 die Einsparung weiterer Einzelmaßnahmen im Gesamtvolumen von 1 Mio. € beantragt, darunter die Streichung des Fußgängerüberwegs Lindle „Grasiger Rain“ (0,26 Mio. €) und den Gärtner- und Höfering (0,12 Mio. €).
- In die sogenannte Deckungsreserve hat die Verwaltung rund eine dreiviertel Million € eingestellt, die Herr OB Palm unter Bezug auf die Flüchtlingskrise als Mittel für "begleitende Maßnahmen im Sinne der Integration und des Stadtfriedens" erläutert hat. Gleichzeitig hat um den Zeitpunkt der Haushaltsberatung herum die Diskussion um ganz erhebliche Erhöhungen der Kinderbetreuungsgebühren begonnen. Was hat das nun miteinander zu tun, mögen Sie sich fragen – oder auch nicht. In der Flüchtlingskrise wird ja gerne von der so dringend notwendigen Zuwanderung der in Deutschland fehlenden Fachkräfte fabuliert, häufig gerade auch mit dem Hinweis auf die bekannt negative demografische Entwicklung. Wir alle wissen: In Deutschland werden zu wenig Kinder geboren!
- Meine Damen und Herren, wir – Herr Dr. Merz und ich – weigern uns, nun gerade diejenigen zusätzlich zu belasten, die entgegen dem hochproblematischen demografischen Trend JA zu Kindern sagen und sich der Verantwortung für Kinder auch in einem immer schwieriger werdenden gesellschaftlichen Umfeld stellen. Es sind nicht zuletzt auch diejenigen, die eine optimale Infrastruktur der Kinderbetreuung dringend brauchen, die als Erwerbstätige all das erarbeiten und mit ihren Steuern bezahlen, was zur Aufrechterhaltung unseres Sozialstaats erforderlich ist. Die Empfänger der Transferleistungen bleiben aufgrund der Sozialstaffelung i.d.R. von Gebühren sowieso weitgehend verschont oder erhalten entsprechende Nachlässe. Hören wir doch bitte damit auf, den immer weniger werdenden Leistungsträgern – und Eltern sind Leistungsträger in vielerlei Hinsicht – immer noch mehr aufzubürden.
- Ich komme nach diesem uns sehr am Herzen liegenden Ausflug zum Thema der Kinderbetreuungsgebühren auf die "begleitenden Maßnahmen im Sinne der Integration und des Stadtfriedens" zurück. Unsere Bundeskanzlerin ist ja bis heute der Meinung, dass wir das schaffen. Wir gehen daher fest davon aus, dass die Bundesregierung auch die finanziellen Mittel bereitstellen wird, die für notwendige Maßnahmen im Sinne der Integration und damit des Stadtfriedens erforderlich sind. Die Kommunen tragen bereits hohe und mit Sicherheit weiter steigende Lasten dieser unseres Erachtens unverantwortlichen „Wir schaffen das“-Politik der Bundeskanzlerin und ihrer Regierung – und zwar in jeder Hinsicht. Darüber hinausgehende Mittel sind zumindest in Fellbach in Anbetracht der Finanzlage und der erforderlichen schmerzhaften Einschnitte in den Haushalt nicht zu verantworten. Wir beantragen daher die Streichung dieses Betrages in Höhe von 0,74 Mio. € aus der Deckungsreserve.
- Eine weitere starke halbe Million (0,54 Mio. €) beantragen wir zu Einsparung aus diversen kleineren Positionen der Einzelpläne 1-4 – die Details finden Sie im Anhang zu dieser Haushaltsrede.
Ich komme damit zum letzten Punkt unserer Sparliste, den Personalkosten. Wie im letzten Jahr darf ich vorwegschicken, dass hierdurch die Leistungsfähigkeit, Einsatzbereitschaft und das Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung keinesfalls in Frage gestellt werden soll. Im Gegenteil, möchten wir uns an dieser Stelle ganz herzlich bei allen für ihren Einsatz und die im zu Ende gehenden Jahr erbrachte Leistung bedanken. Im Rahmen der Haushaltsdiskussion gilt unser Dank in besonderem Maße Herrn EBM Geyer, Frau Arnold und allen bei der Aufstellung des Haushalts Beteiligten.
Trotzdem: Bei „Alarmstufe Rot“ und im Hinblick auf den durch die vorgenannten Einsparungen reduzierten Leistungsumfang der durch die Verwaltung zu bewirtschaftenden Haushalte, können auch die Personalkosten nicht sakrosankt sein. Hier sind Einsparungen allerdings nur über eine Stellenreduzierung erreichbar. Diese soll sozialverträglich in 2016 und 2017 mittels interner Umbesetzungen durch Fluktuation oder Ruhestand freiwerdender Stellen erzielt werden. Mit Ausnahme der Bereiche Schulen und Kinderbetreuung beantragen wir einen allgemeinen Einstellungsstopp für 2016 und 2017, bis im Stellenplan insgesamt 20 Stellen eingespart sind. Bei planerisch unterstelltem linearem Abbau dieser Stellen über die zwei Jahre ergibt sich hieraus für die Jahre 2016 bis 2019 ein Einsparvolumen von ca. 4,1 Mio. €.
Ich komme jetzt zum Schluss und möchte hier die Haushaltsrede unseres Oberbürgermeisters aufgreifen, der diese u.a. mit folgendem Satz zusammenfasste: „Wenn wir jedoch wollen, dass die Situation in Fellbach langfristig gut bleibt, müssen wir grundlegendes anpacken und auch vor unangenehmen Beschlüssen nicht zurückschrecken.“ Er sprach dann noch von der Komfortzone, die wir etwas verlassen müssten und endete mit einem herausfordernden „Willkommen im Leben!“.
Es kann nun aber nicht mehr darum gehen, ob wir „die Komfortzone etwas verlassen müssen“. Nein, eine Komfortzone können und dürfen wir uns in Anbetracht der Finanzlage der Stadt wahrlich überhaupt nicht mehr leisten. Der offenliegende Substanzverzehr von 30 Millionen € Rücklage seit 2012 und die bis 2019 geplante Veräußerung von Vermögenswerten in nahezu demselben Umfang, zeigen überdeutlich, dass wir uns bereits viel zu lange in der von Herrn OB Palm richtigerweise festgestellten Komfortzone aufgehalten haben.
Willkommen in der Realität möchte ich Herrn Oberbürgermeister Palm daher antworten und mich gerne darauf verlassen, dass der Gemeinderat den Ernst unserer Finanzlage erkannt hat und diesem Ernst der Lage mit den zur Verabschiedung des Doppelhaushalts und der Finanzplanung zu treffenden Beschlüssen auch entsprechend Rechnung trägt.
Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Die Einsparvorschläge zur Haushaltssanierung finden Sie hier in der Übersicht.
Diese Haushaltsrede als PDF-Dokument finden Sie hier.
Aufnahme der Haushaltsrede als Video (auf Website der Stadt Fellbach)